Stoffwechseltypen: diese gibt es

Group 15 21.08.2025 |    Minuten Lesezeit
Expertenwissen
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Immer wieder liest man in Fitness-Blogs von verschiedenen Stoffwechseltypen. Doch wie seriös sind diese Zuordnungen? Ein Wissenschaftler klärt auf.

Sicher bist du auch schon mal über den Begriff „Stoffwechseltyp“ gestolpert. Insbesondere in Fitness-Blogs und -Foren wird oft auf die Stoffwechseltheorie des US-amerikanischen Mediziners William Sheldon Bezug genommen, der den menschlichen Körper in drei Typen unterteilt: Ektomorph (schlank, schneller Stoffwechsel), Endomorph (kräftig, langsamer Stoffwechsel) und Mesomorph (athletisch, ausgeglichener Stoffwechsel). Darauf aufbauend finden sich im Netz oft detaillierte Trainings- und Ernährungspläne. Was davon zu halten ist und was ihr sonst noch zum Thema „Stoffwechsel“ beachten solltet, haben wir Dr. Tim Hollstein gefragt, der dazu am UKSH Universitätsklinikum Schleswig-Holstein forscht.

Herr Dr. Hollstein, was versteht man unter einem Stoffwechseltyp" und wie ist dieses Konzept entstanden?

Die Idee von Stoffwechseltypen gibt es schon länger. Bereits in meiner Jugend wurde von Körpertypen wie dem Ektomorphen, Endomorphen oder Mesomorphen gesprochen. Diese Einteilungen basieren jedoch mehr auf Beobachtungen als auf wissenschaftlicher Evidenz. In der Wissenschaft verwenden wir diese Begriffe nicht. Stattdessen konzentrieren wir uns seit einigen Jahren verstärkt auf individuelle Unterschiede im Stoffwechsel. Das heißt, wir versuchen zu verstehen, warum manche Menschen schneller zunehmen oder Gewicht schlechter verlieren als andere. Die individuelle Stoffwechselreaktion ist auch ein zentraler Punkt meiner Forschung.

Zu welchen Ergebnissen sind Sie dabei gekommen?

Wir arbeiten mit metabolischen Stresstests: Menschen fasten oder erhalten eine Überernährung – also deutlich mehr Kalorien als benötigt. Wir messen dann den Energieverbrauch, etwa über spezielle Stoffwechselkammern, die jede Minute den Sauerstoffverbrauch registrieren. Zwei grobe Typen konnten wir identifizieren: Der verschwenderische Typ fällt beim Fasten nicht stark im Energieverbrauch ab und reagiert auf Überernährung mit starkem Anstieg des Energieverbrauchs. Der sparsame Typ wiederum reagiert auf Fasten mit starkem Abfall des Energieverbrauchs und kann den Stoffwechsel bei Überernährung kaum hochregulieren. Diese Unterschiede helfen, das Verhalten bei Gewichtsab- oder -zunahme zu erklären. In Interventionsstudien konnten wir zeigen, dass diese Typisierung den Diäterfolg oder die Gewichtszunahme voraussagen kann.

Gibt es seriöse Tests, mit denen man den eigenen Stoffwechseltyp herausfinden kann?

Derzeit leider nicht. Die gängigen Selbsttests aus dem Internet, etwa über Speichelproben oder Fragebögen, sind aus meiner Sicht nicht wissenschaftlich fundiert. Wir arbeiten daran, einfachere Methoden zu entwickeln, z. B. über Stoffwechsel-Biomarker im Blut, aber aktuell ist das Konzept noch nicht alltagstauglich messbar. Viele der Angebote am Markt sind schlicht Geldmacherei.

Wie beeinflussen Bewegung und Sport unseren Stoffwechsel?

Sport beeinflusst den Stoffwechsel, aber nicht unbedingt so, wie man sich das erhofft. Viele Menschen wollen über Sport Gewicht verlieren, doch der Effekt ist meist geringer als gedacht. Der Körper kompensiert erhöhten Energieverbrauch oft durch eine Reduktion des Grundumsatzes oder durch gesteigerten Hunger. Studien zeigen, dass Menschen selbst bei hoher körperlicher Aktivität langfristig nicht unbedingt mehr Energie verbrauchen als weniger aktive Menschen. Das bedeutet nicht, dass Sport sinnlos ist – er ist essenziell für Gesundheit, Wohlbefinden und Appetitregulation, aber nicht das zentrale Werkzeug zur Gewichtsreduktion.

Welche Rolle spielt die Ernährung für den Stoffwechsel?

Eine sehr große. Gerade der sparsame Stoffwechseltyp sollte auf eine proteinreiche, ballaststoffreiche und wenig verarbeitete Kost achten. Proteine brauchen viel Energie zur Verdauung und machen lange satt. Auch Rohkost oder al dente gegarte Lebensmittel fördern den Energieaufwand bei der Verdauung. So kann man als sparsamer Typ dafür sorgen, dass man mehr Energie verbraucht. Fertigprodukte hingegen sind meist sehr leicht verdaulich und liefern viele Kalorien mit wenig Aufwand für den Körper.

Außerdem erforschen wir derzeit, ob man den Stoffwechsel auch gezielt „aktiver" machen kann – z. B. durch Aktivierung des braunen Fettgewebes. Das ist ein besonderer Fetttyp, der Energie verbrennt, um Wärme zu erzeugen. Es ist bekannt, dass braunes Fettgewebe durch bestimmte Nahrungsmittel – zum Beispiel scharfe, mit Chili gewürzte Speisen – aktiviert wird. Ebenso können Kältereize in Form von kalten Duschen oder Eisbaden die Aktivität von braunem Fett erhöhen. Auch hier stehen wir aber noch am Anfang der Forschung.

Was raten Sie gesundheitsinteressierten Menschen, die ihren Stoffwechsel optimieren wollen?

Sich nicht von Fitness-Mythen oder schnellen Versprechen in Internet-Foren blenden lassen. Es gibt keine magische Formel für Stoffwechsel oder Gewichtsregulation. Was hilft, ist eine ausgewogene, unverarbeitete Ernährung – etwa angelehnt an die Mittelmeerkost – sowie regelmäßige Bewegung. Das gilt für alle Menschen, unabhängig vom Stoffwechseltyp.

Herr Dr. Hollstein, vielen Dank für das Gespräch.